Kassel. Die nordhessische Universitätsstadt mit ihren rd. 205.000 Einwohnern ist bekannt für den Bergpark Herkules und die alle fünf Jahre stattfindende internationale Kunstausstellung Documenta. Negative Schlagzeilen erntete Kassel Ende 2023 für Fotos. Die sechs neuen hauptamtlichen Mitglieder des Magistrats, also die „Stadt-Regierung“, hatten für Porträt- und Gruppenfotos Modell gestanden. Das Brisante daran war die Wahl eines Berliner Star- Fotografen. Dieser hat bereits national und international bekannte Persönlichkeiten wie die Schauspielerin Scarlett Johansson oder ihren Kollegen Mads Mikkelsen abgelichtet, wie auf der Unternehmenswebsite des Fotografen zu sehen ist. Dem Renommee des Fotografen entsprechend war auch der Preis für die Aufnahmen, der sich auf rd. 6.000 Euro belief. Darin enthalten waren mehr als 1.000 Euro für Reise- und Übernachtungskosten.
Dies wirft die Frage auf, weshalb der Kasseler Magistrat einen teuren Star-Fotografen wählte, der noch dazu eine weite Anreise hatte. Anfragen des Bundes der Steuerzahler bei mehreren Fotografinnen und Fotografen aus Kassel und Umgebung ergaben, dass ein vergleichbares Shooting zum Preis von rd. 1.000 Euro zu haben wäre. Zudem wären für einen lokalen Anbieter wohl kaum Reise- und Übernachtungskosten angefallen.
Offenbar war dies aber von vornherein keine Option gewesen, denn die Stadt Kassel hatte kein Vergleichsangebot eingeholt. Über die Gründe gab sie dem Bund der Steuerzahler gegenüber keine inhaltlich stichhaltige Auskunft. Es hieß lediglich: „Die Vermittlung und Vertretung des Verwaltungshandelns gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und der Presseöffentlichkeit ist ohne die bildhafte Darstellung der handelnden Personen nicht denkbar“, und die Fotografien des ausgewählten Fotografen würden eine diesem Zweck angemessen hohe Qualität aufweisen. Zudem beschränke sich die Suche der Stadt Kassel nach geeigneten Dienstleistern – wie es auch in anderen Bereichen üblich sei – nicht nur auf das Stadtgebiet. Auch seien die Allgemeinen Vergaberichtlinien der Stadt Kassel eingehalten worden, wonach „Dienstleistungen mit einem Auftragswert bis zu 10.000 € im Wege des Direktauftrags beschafft werden können“. Die Verantwortlichen rühmten sich sogar, „insbesondere der Maßgabe, dass die Stadt als öffentliche Auftraggeberin bei der Vergabe von Aufträgen darauf zu achten hat, dass nicht immer die gleichen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer zum Zug kommen“, gerecht geworden zu sein.
Die Vergabe des Fotoshootings an den Berliner Star-Fotografen dürfte also rechtmäßig, wenn auch nicht plausibel abgelaufen sein. Unverhältnismäßig teuer war das Fotoshooting jedoch in jedem Fall. Mit einer Wiederholung ist immerhin nicht zu rechnen: Die Nachfrage des Bundes der Steuerzahler, ob eine weitere Zusammenarbeit mit dem Berliner Fotografen geplant sei, verneinte die Stadt. Die Fotos sollen für die gesamte sechsjährige Amtszeit der Magis-tratsmitglieder genutzt werden.
Der Bund der Steuerzahler fordert:
Für die Fotos des neuen Magistrats wäre kein teurer Promi-Fotograf nötig gewesen, Starallüren dürfen nicht auf Steuerzahlerkosten gehen! Auch wenn die Kasseler Verantwortlichen dies nicht wiederholen wollen, wird der Bund der Steuerzahler wachsam bleiben.