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„E-­Highway“: Ausfahrt vorerst verpasst

Auf einem Abschnitt der A5 in Südhessen brachte der Bund im Jahr 2019 Oberleitun­gen für Hybrid-­Lkw an, um zu erproben, ob und wie man dadurch im Güterverkehr den CO2-­Ausstoß reduzieren kann. Die Gesamtkosten für die hessische Teststrecke betrugen damals rd. 30 Mio. Euro. Trotz viel Kritik an dem häufig als „E-­Highway“ bezeichneten Projekt investierte der Bund 2022 weitere 22 Mio. Euro, um die Strecke um sieben km auszubauen. Der Test soll noch bis Mitte 2025 andauern. Wie es dann weitergeht und wie hoch die Kosten für einen etwaigen Abbau sind, ist unklar.

Bund/Hessen. Wer in Südhessen auf der A5 zwischen Darmstadt und Frankfurt unterwegs ist, kann zwischen den Anschlussstellen Langen/Mörfelden und Weiterstadt Oberleitungen an der Strecke sehen. Diese gehören zum Projekt ELISA (elektrifizierter innovativer Schwerlastenverkehr auf Autobahnen). Es handelt sich dabei um ein Pilotprojekt des Bundes zur Energieversorgung elektrisch angetriebener schwerer Nutzfahrzeuge via Oberleitung („E-Highway“) im öffentlichen Straßenraum. Auf der Strecke kommen Oberleitungs-Hybrid-Lkw zum Einsatz, kurz OH-Lkw. Diese verfügen über einen Elektromotor sowie einen Stromabnehmer, der unter der Oberleitung ausfährt. Nach der Oberleitungsstrecke sind die Laster noch einige Zeit mit der Batterieladung unterwegs, anschließend mit den ebenfalls eingebauten Dieselmotoren. Ziel des Projekts ist es zu erproben, ob und wie man damit den CO2-Ausstoß im Güterverkehr reduzieren kann.

Die Oberleitungsinfrastruktur für die ersten zehn km kostete 14,6 Mio. Euro, die Leitplanken 5,6 Mio. Euro, die Betriebsprozesse während des Feldversuchs 5,8 Mio. Euro und die wissenschaftliche Begleitung 3,5 Mio. Euro. Im Mai 2019 wurden fünf km in beide Richtungen in Betrieb genommen. Insgesamt lagen die Kosten also schon damals bei rd. 30 Mio. Euro.

Weil das Projekt von Anfang an eine ungewisse Zukunft hatte, landete der Fall im Schwarzbuch 2019/20. Das Konzept ist aus verschiedenen Gründen umstritten: Ein Knackpunkt ist z.B. der Antrieb der OH-Lkw. Sie sind mit zwei Antrieben ausgestattet: ein Elektromotor und ein Dieselmotor. Dadurch sind sie teurer als konventionelle Lastwagen und somit unattraktiver für Speditionen. Außerdem sind die Oberleitungen über der Straße kostenintensiver und aufwendiger als über der Schiene. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ein großer Teil der in Deutschland fahrenden Lastwagen aus dem Ausland kommt, wo es keine Oberleitungen gibt. Zudem hatte das Projekt von Anfang an mit weiteren Problemen zu kämpfen: Wegen Lieferschwierigkeiten nutzte zu Beginn nur ein einziger Lkw die Oberleitung. Inzwischen sind zwar elf Lkw Teil des Pilotprojekts, mehr sind aber auch nicht gewollt. Diese elf Lkw absolvierten im Zeitraum Mai 2019 bis Mai 2024 insgesamt 22.853 Fahrten, was weniger als 13 Fahrten pro Tag entspricht. Und so muss man schon Glück haben, einen OH-Lkw in Aktion zu sehen.

Trotz aller Kritik entschloss sich die Bundesregierung dazu, die Strecke ab Frühjahr 2022 weiter auszubauen. Zur Begründung nannte sie die Untersuchung längerer Ladestrecken und -zeiten, das Ladeverhalten bei unterschiedlich langen Ladestrecken, die Analyse neuer OH-Lkw-Typen und die Sammlung weiterer Daten für die Forschung. Durch die Erweiterung um sieben km nach Süden beträgt die Pilotstrecke nun 17 km. Die Bundesregierung unterstützte den Ausbau mit 22 Mio. Euro, davon 12,4 Mio. Euro für Oberleitungen, der Rest u.a. für Schutzeinrichtungen, Studien zu technischen Fragen und für die Erweiterung von Betriebs- und Sicherheitskonzepten. Hinzu kommen seit 2019 noch jährlich 400.000 Euro für betriebliche Aufgaben wie Wartung und Instandhaltung. Die bisherigen Gesamtkosten für den „E-Highway“ summieren sich also auf ca. 54,4 Mio. Euro. Weiter ungewiss bleiben etwaige Abbaukosten, falls diese Infrastruktur nach dem Projektende Mitte 2025 abgewickelt werden muss.

Der Bund der Steuerzahler meint:

In Studien konnte zwar gezeigt werden, dass ein emissionsfreier Betrieb von Sattelzugmaschinen auf „E-Highways“ grundsätzlich möglich ist. Doch dies dürfte wohl kaum flächendeckend Realität werden. Schließlich setzt ein langfristig sinnvoller Einsatz dieser Technik eine große Verbreitung der Oberleitungen voraus, was zu enormen Kosten führen würde. Der Projektabschluss 2025 wird zeigen, ob sich das System lohnt oder ob der Bund die Ausfahrt nehmen muss. Dann wären die Projektkosten in Millionenhöhe in eine Sackgasse investiert worden.

PS: In Schleswig-Holstein wird der Testbetrieb für Oberleitungs-Lkw auf der A1 eingestellt: Das Projekt „E-Highway“ endet zum 31.12.2024. Die Technik funktioniert zwar, hat aber keine Aussicht auf weitere Nutzung. Siehe dazu den Fall „Ende für den ‚E-Highway‘ in Schleswig-Holstein“ im Kapitel „Erfolge“.

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