Hanau. Die Stadt im Osten des Rhein-Main-Gebiets stemmt sich seit einigen Jahren mit einem Stadtentwicklungsprogramm gegen die Probleme des stationären Einzelhandels, der nicht zuletzt durch Maßnahmen in der Coronapandemie immer mehr unter Druck geraten ist. Daran ist erst einmal nichts auszusetzen.
Doch im Frühjahr 2022 verkündete die Stadt Hanau stolz, dass sie nun ein bislang privates Spielwarengeschäft in der Innenstadt übernehmen wolle. Als Begründung gab die Stadt an, dass die bisherigen Inhaber keinen Nachfolger finden konnten und die Immobilie verkaufen wollten. Ziel der Übernahme sei, „Leerstand und ungewollte Nutzung“ abzuwenden, eine „nachhaltige Entwicklung im Sinne der Stadt“ einzuleiten, „die Kündigung der betroffenen Mitarbeiter“ zu vermeiden und „eine Tradition“ fortzuführen. Der Gebäudekomplex sollte von einer städtischen Gesellschaft erworben und das Geschäft anschließend übergangsweise von der Hanau Marketing GmbH betrieben werden bis ein privatwirtschaftlicher Unternehmer gefunden wird.
Der Steuerzahlerbund forderte umgehend, das Projekt zu stoppen: Es sei zwar nachvollziehbar, dass Kommunen ihre durch Corona-Maßnahmen gebeutelten Innenstädte beleben und den Einzelhandel stärken wollen. Wenn Städte aber mit Steuergeld selbst zum Unternehmer werden, geht das zu weit. Solche staatlichen Läden müssen keine Gewinne erzielen und haben dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Privatgeschäften – gerade auch solchen gegenüber, die ums Überleben kämpfen.
Offenbar blieb die Kritik nicht ohne Wirkung: Zwar kaufte eine Tochter der städtischen Baugesellschaft die Immobilie laut Medienberichten für 1,9 Mio. Euro, doch Anfang Mai verkündete der Hanauer OB, dass für das Spielwarengeschäft „schneller als gedacht ein privatwirtschaftlicher Betreiber gefunden werden konnte“. Offensichtlich haben die BdSt-Kritik und die öffentliche Debatte die Suche also beschleunigt, wie die Stadt anerkennt: „Allein die Berichterstattung über den Plan, dass […] eine städtische Gesellschaft temporär selbst Betreiberin des Spielwarenladens werden wollte, hatte für Aufmerksamkeit gesorgt – nicht nur beim Bund der Steuerzahler“, so die Stadt in einer Pressemitteilung.
Ein Wermutstropfen aber bleibt: Eine städtische Gesellschaft übernimmt den Umbau des Ladens und vermietet ihn dann zu günstigen „Start-up-Konditionen“. Wie dieses Hanauer Spiel mit Steuergeld, das die Stadt auch in anderen Fällen anwenden will, ausgeht, wird der Bund der Steuerzahler genau beobachten.
Der Bund der Steuerzahler meint:
Wenn kein Platz mehr für einen alteingesessenen Laden ist, kann man dies bedauern, doch allein aus sentimentalen Motiven dafür Steuergeld einzusetzen, ist falsch. Eingriffe des Staates in den Markt sollten die Ausnahme sein, denn oft werden dabei Risiken unterschätzt und Chancen überbewertet. Die Kritik des Bundes der Steuerzahler hat dazu beigetragen, dass Hanau den Spielzeugladen nun doch nicht selbst betreibt.