Marburg. Die mittelhessische Stadt Marburg ist u. a. für ihre Universität bekannt. Die Philipps-Universität ist die älteste in Hessen und zählt zu den einflussreichsten Hochschulen in Deutschland. Ein Teil des Universitätsgeländes befindet sich auf den Lahnbergen, wo es auch ein eigenes Fernheizwerk gibt. Es wurde 1972 gebaut und versorgt die Universität seitdem mit Wärme. Anfangs wurde es mit Schweröl und Kohle, später erst mit Heizöl, dann mit Erdgas betrieben. Im Jahr 2012 wurde die Anlage stark verkleinert und seit 2020 heizt die Universität am Campus Lahnberge überwiegend mit einem Hackschnitzel-Heizwerk.
Markantes Überbleibsel der einstigen Betriebsweise ist der 100 m hohe Schornstein, der seit mehr als zehn Jahren nicht mehr genutzt wird. Weil die Philipps-Universität Eigentümerin des Fernheizwerks ist, ist sie auch für den Erhalt des Gebäudekomplexes zuständig. Wie so oft bei alten Gebäuden, ist der Unterhalt kostenintensiv. Die Universität muss dafür jährlich mindestens 50.000 Euro aufwenden. Mit zunehmendem Alter des Gebäudes und der laut Uni „exponentielle[n] Verschlechterung des Betons” steigen die Kosten weiter.
Und es könnte noch schlimmer kommen: Der Schornstein besteht aus Stahlbeton, der über die Jahre der Witterung ausgesetzt war und dadurch teilweise brüchig geworden ist. Bereits vor einigen Jahren wiesen Experten darauf hin, dass drei Stahlrohre im Inneren des Schornsteins durch Korrosion bedroht sind. Die Universitätsleitung wollte den Turm deshalb schon 2014 abreißen lassen. Der Schornstein kann jedoch nicht einfach abgerissen werden, denn das Fernheizwerk steht seit 2012 unter Denkmalschutz. Die Denkmalschutzbehörde ist der Meinung, dass es sich hier um ein einmaliges Industriedenkmal handelt, das es so in Deutschland nicht mehr gibt. Und so muss die Universität die Sanierung nicht nur veranlassen, sondern als Eigentümerin auch bezahlen. Denn das hessische Denkmalschutzgesetz schreibt vor: „Eigentümerinnen und Eigentümer, Besitzerinnen und Besitzer sowie Unterhaltungspflichtige von Kulturdenkmälern sind verpflichtet, diese im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln.“
Um alle Mängel zu erfassen, beauftragte die Uni im Jahr 2023 Industriekletterer, um den Schaden am Schornstein genauer zu begutachten. Hierbei wurde erneut festgestellt, dass die Mängel gravierend sind und die Statik des Bauwerks gefährdet ist. Die Schäden befinden sich vor allem an der Unterseite der beiden Plateaus auf 15 und 45 m Höhe. Die Kosten für die Sanierung stehen zwar noch nicht genau fest, aber die Universität geht von mehreren Millionen Euro aus. Dies wäre ohne Dauerhaftigkeit, denn eine Betonsanierung müsse fortlaufend erfolgen, so eine Unisprecherin.
Der Bund der Steuerzahler meint:
Beim Denkmalschutz ist es wie bei der Kunst: Man kann darüber streiten. Doch das Land Hessen und seine Denkmalschutzbehörden entscheiden allein, was schützenswert ist. Sollten nicht auch Eigentümer und die steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen werden, ob sie die Kosten und Mühen leisten können und wollen? Der Denkmalschutz könnte schließlich durch die zuständigen Behörden aufgehoben werden. Alle Beteiligten sollten sich noch einmal zusammensetzen und darüber beraten, ob wirklich Millionen Euro Steuergeld für einen überflüssigen Schornstein verwendet werden sollen.