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2023 drehten weniger hessische Kommunen an der Steuerschraube

Kommunalsteueranalyse des Bundes der Steuerzahler Hessen: 63 von 421 Städten und Gemeinden erhöhten 2023 mindestens eine Steuer / Grundsteuer B-Schnitt stieg auch 2023 um 14 Punkte / Schon 89 Kommunen verlangen mehr als 600 Prozent bei der Grundsteuer B / Kein Trend zu vermehrten Erhöhungen im Vorfeld der Grundsteuerreform

Lorch am Rhein hat mit 1050 Prozent den höchsten Hebesatz der Grundsteuer B in ganz Hessen.

Laut einer Analyse des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen haben in diesem Jahr 63 von 421 hessischen Städte und Gemeinden mindestens eine der Grundsteuern oder die Gewerbesteuer erhöht. Das entspricht einem Anteil von knapp 15 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 71 Kommunen bzw. fast 17 Prozent. Gleichzeitig senkten 2023 acht Kommunen mindestens eine Steuer, 2022 waren es noch zwölf. Weil es zwar weniger, dafür aber kräftige Erhöhungen gegeben hat, stieg der Durchschnitt bei der Grundsteuer B genau wie im Vorjahr um 14 Punkte an. Auch bei der Grundsteuer A ging der Schnitt um zehn Punkte (2022: +9) nach oben und die Gewerbesteuer stieg im Durchschnitt um zwei Punkte (2022: +3).

„Der Trend der letzten Jahre mit wenigen, aber dann zum Teil erheblichen Steigerungen bei der Grund- und Gewerbesteuer setzt sich fort. Statt Leben und Wirtschaften mitten in der Krise noch weiter zu verteuern, sollten die Kommunen jedoch zunächst ihre freiwilligen Aufgaben und Standards hinterfragen sowie Prioritäten setzen. Es gilt, rechtzeitig Konsolidierungsmaßnahmen einzuleiten, damit die kommunalen Finanzen nicht nachhaltig in Schieflage geraten. Dies führt in der Regel zu Steuererhöhungen, enormer Neuverschuldung oder Investitionskürzungen”, erklärt Jochen Kilp, Vorstandsmitglied des hessischen Steuerzahlerbunds. Des Weiteren zeige sich über ganz Hessen ein sehr unterschiedliches Bild bei den Erhöhungen. Während im Odenwaldkreis und im Hochtaunuskreis viele Kommunen ihren Hebesatz zum Teil massiv erhöhten, hielten sich die Städte und Gemeinden im Lahn-Dill-Kreis oder dem Main-Taunus-Kreis komplett zurück. Diese Entwicklung gelte es weiter im Auge zu behalten. In einer Frage gibt Kilp aber vorerst Entwarnung: „Was wir mit unseren Daten nicht bestätigen können, ist die Befürchtung, dass die hessischen Städte und Gemeinden vor Inkrafttreten der reformierten Grundsteuer 2025 noch schnell auf breiter Front ihre Hebesätze erhöhen“, so Kilp.

Die Grundsteuer B, die sowohl Mieterinnen und Mieter als auch Eigentümerinnen und Eigentümer trifft, ist auch 2023 erneut die Nummer 1 der kommunalen Steuerschrauben. Insgesamt 55 Städte und Gemeinden haben in diesem Jahr eine Anhebung beschlossen. 26 Kommunen steigerten die Belastung gleich um 100 Punkte oder mehr. Dadurch kletterte der durchschnittliche Hebesatz von 495 auf 509 Prozent (+14). Die kräftigste zusätzliche Steuerbelastung müssen die Bürgerinnen und Bürger in Seeheim-Jugenheim (Landkreis Darmstadt-Dieburg) verkraften, wo der Hebesatz um 350 Punkte erhöht wurde. Nur sieben Kommunen senkten die Belastung, am spürbarsten in Hüttenberg (-100, Lahn-Dill-Kreis). Die Spannweite der Hebesätze reicht von 140 Prozent in Eschborn (Main-Taunus-Kreis) bis 1.050 Prozent in Lorch (Rheingau-Taunus-Kreis). Insgesamt rufen in diesem Jahr 89 Kommunen einen Hebesatz auf, der über 600 Prozent liegt, 2022 waren es noch 69. Die Kommunen im Odenwald- (+74) und im Hochtaunuskreis (+68) haben ihre Hebesätze bei der Grundsteuer B am stärksten angehoben, während die durchschnittliche Belastung im Main-Taunus-Kreis unverändert blieb und im Lahn-Dill-Kreis sogar um einen Punkt gesunken ist. Vergleicht man die durchschnittlichen Hebesätze in den Landkreisen mit denen der kreisfreien Städte, dann trifft die Steuerpflichtigen in der kreisfreien Stadt Offenbach (895) sowie im Kreis Groß-Gerau (682 Punkte) nach wie vor die höchste Belastung. In den Städten und Gemeinden der Kreise Limburg-Weilburg (398) und Fulda (402) ist die Höhe der Hebesätze am moderatesten.

Wie sich die Belastung durch die Grundsteuer B in den einzelnen Städten und Gemeinden im Zuge der Grundsteuerreform ab 2025 entwickelt, ist derzeit noch nicht absehbar. Die Hebesätze für 2025 werden von den Kommunen erst im Laufe des Jahres 2024 auf Basis der neuen Grundsteuermessbeträge beschlossen. Das erklärte Ziel ist eine aufkommensneutrale Umsetzung. Das Land Hessen wird dazu den Hebesatz berechnen und veröffentlichen, mit dem die Stadt oder Gemeinde ein genauso hohes Grundsteueraufkommen hat wie 2024. Allerdings sind die Kommunen an diese aufkommensneutralen Hebesätze nicht gebunden.

Grundsteuerreform: Wie geht es weiter?

Die weniger ertragreiche Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen wurde von 37 Kommunen erhöht. Auch hier gab es die größte Steigerung mit 350 Punkten auf 850 Prozent in Seeheim-Jugenheim. Damit liegt weiterhin Bad Karlshafen (951, Landkreis Kassel) an der Spitze in Hessen. Immerhin drei Kommunen senkten 2023 ihre Hebesätze, die stärkste Entlastung ist hierbei mit 50 Punkten in Niederaula (Hersfeld-Rotenburg) zu spüren. Mit Eppertshausen (Darmstadt-Dieburg), Königstein (Hochtaunus), Neu-Isenburg (Landkreis Offenbach) und Schwalbach (Main-Taunus) verzichten weiterhin vier Kommunen aus dem Rhein-Main-Gebiet vollständig auf die Erhebung der Grundsteuer A. Insgesamt steigerten 18 Kommunen den Hebesatz um 100 und mehr Prozentpunkte. In diesem Jahr liegen 47 Städte und Gemeinden über der 600-Prozent-Marke. Der Landesdurchschnitt stieg um zehn Punkte auf 441 Prozent.

Die Gewerbesteuer zählt zu den wichtigsten Steuerarten der Städte und Gemeinden, in einigen ist sie die wesentliche Einnahmequelle. Insgesamt 38 hessische Kommunen haben in diesem Jahr eine Anhebung beschlossen. Die kräftigste Steigerung gab es mit 130 Punkten in Ahnatal (Landkreis Kassel). Nur Niestetal (-18, Landkreis Kassel) und Hungen (-10, Landkreis Gießen) senkten ihre Belastung. Damit ist Ahnatal nun auch landesweiter Spitzenreiter beim Gewerbesteuerhebesatz mit 530 Prozent. Nach wie vor am geringsten werden die Gewerbesteuerpflichtigen mit 300 Prozent in Gründau (Main-Kinzig-Kreis) belastet. Der durchschnittliche Hebesatz im Land beträgt 392 Prozent, das sind zwei Punkte mehr als im Vorjahr.

Des Weiteren fällt auf: Die kreisfreien Städte Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Offenbach und Wiesbaden ließen im zweiten Jahr in Folge alle drei Realsteuer-Hebesätze unverändert.

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