Bitte geben Sie den Suchbegriff in die Suchbox ein und drücken Sie anschließend ENTER

Aufgetürmt: Aus einfachem Sendemast soll teurer Multifunktionsturm werden

In Grebenhain im Vogelsbergkreis ist ein Funksendemast geplant, um das bundesweite 450-Megahertz-Funknetz auszubauen. Im Laufe der Planungen wurde daraus – auch dank mehrerer Fördertöpfe – ein Multifunktionsturm mit Aussichtsplattform. Das macht das Projekt für den Steuerzahler fünf Mal so teuer.

Grebenhain. Die Herchenhainer Höhe in der mittelhessischen Gemeinde, die rund 4.600 Einwohnerinnen und Einwohner zählt, ist mit 733 m die vierthöchste Erhebung des Vogelsbergs. Der Berg zieht Wanderer und Radfahrer an und ist bislang bekannt für einen „sanften Tourismus”, der nur minimal in die Natur eingreifen will. Noch herrschen dort also Beschaulichkeit und Ruhe. Das soll sich ändern, wenn die Pläne für das Gebiet tatsächlich umgesetzt werden.

Anfang 2022 war der regionale Energieversorger Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (OVAG) mit dem Anliegen an die Gemeinde Grebenhain herangetreten, einen Standort für einen Funksendemast auf dem Gemeindegebiet vorzuschlagen. Hintergrund ist die bundesweit flächendeckende Versorgung mit einem 450-Megahertz-Funknetz, die bis 2024 abgeschlossen sein soll. Grebenhain und die OVAG einigten sich auf die Herchenhainer Höhe als Standort. Die Kosten für den dort zu bauenden Sendemast würden sich nach dem offiziellen Kosten und Finanzierungsplan der Gemeinde auf rund 167.000 Euro belaufen.

Doch die Gemeinde sah die Chance, stattdessen einen Multifunktionsturm mit Aussichtsplattform zu errichten, um die Herchenhainer Höhe touristisch aufzuwerten. Dies könnte die bereits gute Aussicht Richtung Süden bis hin zur Frankfurter Skyline auf die umliegenden Mittelgebirge erweitern. Damit jedoch würden sich die geplanten Kosten für den Mast von 167.000 Euro auf rund 800.000 Euro erhöhen. Hinzu kämen jährliche Folgekosten, die deutlich höher wären als bei einem einfachen Sendemast.

In der Grebenhainer Planung sind diverse Zuschüsse vorgesehen. Die OVAG, die von drei Landkreisen getragen wird – sich also in kommunalem Eigentum befindet –, beteiligt sich mit rund 150.000 Euro für den Mobilfunkanteil. Zudem hat die Gemeinde Grebenhain die Umsetzung des Bauprojekts an die Bewilligung von Fördermitteln im Rahmen von LEADER geknüpft, einer EU-Förderstrategie zur Mobilisierung und Umsetzung der Entwicklung in ländlichen Gemeinschaften. Der Bürgermeister geht davon aus, rund 319.000 Euro Fördermittel zu erhalten. Da sich die EU größtenteils durch Beiträge ihrer Mitgliedstaaten finanziert, fließen auch hier Steuergelder. Weitere Zuwendungen durch den Naturpark Vulkanregion Vogelsberg sowie von Vereinen und Privatpersonen sind eingeplant.

Hier zeigt sich wieder einmal exemplarisch die Problematik von Mischfinanzierungen: Bei solchen Projekten wird oft nur ein Teil der Kosten in das Entscheidungskalkül der ausführenden und mitfinanzierenden Ebene einbezogen. Somit erscheint das jeweilige Projekt bequem finanzierbar und von Vorteil. Folglich ist die Bereitschaft groß, Geld auszugeben, das bei alleiniger Gesamtzuständigkeit nicht oder nicht in diesem Umfang bereitgestellt werden würde.

 Nach Abzug aller erhofften Fördergelder und Zuwendungen sowie der eingeplanten Mehrwertsteuerrückerstattung kommt die Gemeinde Grebenhain noch auf einen Eigenanteil von rund 124.000 Euro – viel Geld für eine kleine Gemeinde.

Der Bund der Steuerzahler meint:

Wenn aus einem für die Funkversorgung notwendigen Mast plötzlich ein Multifunktionsturm mit Aussichtsplattform werden soll, wirkt der Sendemast wie ein Vorwand: Vorgeschoben als Rechtfertigung dafür, dass hohe Summen für ein fragwürdiges Bauprojekt fließen sollen. Schließlich hat man auch ohne den deutlich teureren Aussichtssturm einen guten Ausblick Richtung Süden. Die Mischfinanzierung aus unterschiedlichen öffentlichen Töpfen hilft den Verantwortlichen dabei, sich das Projekt schönzurechnen.

Weitere Meldungen