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Neue Regierung: Was plant Schwarz-Rot für Hessen?

CDU und SPD starten mit mehr Personal / Wahlversprechen und Koalitionsvertrag im Vergleich

Ministerpräsident Boris Rhein (2. von links) eröffnete im Januar die erste Sitzung des neuen hessischen Kabinetts aus CDU und SPD. (Foto: © Paul Müller / Hessische Staatskanzlei)

Seit dem 18. Januar wird Hessen erstmals von einer schwarz-roten Koalition unter Führung der CDU regiert. Was bringt die neue Landesregierung für die hessischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler? Der BdSt Hessen hat die Aussagen der jetzigen Regierungsparteien vor der Wahl (siehe Wahlprüfsteine des BdSt Hessen) mit dem rund 200 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag verglichen. Auch wenn das Papier trotz seines Umfangs an vielen Stellen unverbindlich bleibt, lohnt sich ein Blick in die Festlegungen.

Vier Staatssekretäre, ein Ministerium mehr
Besonders intensiv werden immer Personalfragen diskutiert. Die erste Regierung unter Ministerpräsident Boris Rhein arbeitete mit elf Ministern und zwölf Staatssekretären. Seit Februar sind es vier Staatssekretäre mehr. Die Zahl der Minister blieb nur deshalb unverändert, weil der Leiter der Staatskanzlei in dieser Legislaturperiode kein Ministeramt mehr bekleidet. Dafür gibt es jetzt zwei Sozialministerien: Die SPD erhielt die Bereiche Arbeit, Integration, Jugend und Soziales, die CDU Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege. Warum diese Aufteilung notwendig oder sinnvoll sein soll, ist nicht schlüssig erklärt worden. Auf jeden Fall drohen dadurch unnötige und teure Doppelstrukturen.

Neuzuschnitt wohl wegen Parteienproporz
Was haben die Neu-Koalitionäre vor der Wahl zum Zuschnitt der Landesregierung gesagt? Die CDU verwies auf das Prinzip „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“. Die SPD gestand ein, dass solche Fragen immer in Koalitionsverhandlungen entschieden werden. Aus Sicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler darf man bezweifeln, dass ein zweites Sozialministerium und vier zusätzliche Staatssekretärs-Posten sachlich notwendig sind. Der Grund ist wohl eher der Parteienproporz.

Landeshaushalt
CDU und SPD versprachen vor der Wahl, die Aufgaben und Ausgaben des Landes auf den Prüfstand zu stellen und Schwerpunkte zu setzen. Diese Ankündigung findet sich gleich mehrfach auch im Koalitionsvertrag – es wird auf die tatsächliche Umsetzung ankommen. Hatte die CDU im Wahlkampf noch gehofft, durch das Setzen guter Rahmenbedingungen auch in den nächsten Jahren erheblich steigende Einnahmen erzielen zu können, so stellt der Koalitionsvertrag nun fest, dass die Zeiten dauerhaft steigender Steuereinnahmen vorbei zu sein scheinen und erhebliche Herausforderungen auf den Landeshaushalt zukämen. Deshalb stehen alle Ankündigungen des Koalitionsvertrags unter Finanzierungsvorbehalt.

Schuldenbremse
Die CDU betonte stets, dass sich die Schuldenbremse bewährt habe und maßgeblich zu einer nachhaltigen Finanzpolitik beitrage, während die SPD vor der Wahl das Erfordernis ihrer Weiterentwicklung sah, um notwendige Investitionen zu erleichtern. Der Koalitionsvertrag bewertet die bisherigen Erfahrungen der Schuldenbremse positiv, kündigt aber eine Evaluation des Ausführungsgesetzes an. Aus Sicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bleibt zu hoffen, dass dies nicht zu einer Aufweichung der Schuldenbremse genutzt wird.

Landtagsverkleinerung
Vor der Landtagswahl sahen CDU und SPD noch keinen Reformbedarf beim Landtagswahlrecht. Das hat sich anscheinend geändert, nachdem der Landtag nun zum zweiten Mal in Folge erheblich aufgebläht ist. Statt der eigentlich vorgesehenen 110 Sitze sind es aktuell 133 Mandate. In den Vereinbarungen von Schwarz-Rot heißt es: „So wollen wir im Landtagswahlrecht Vorkehrungen prüfen, die zur Vermeidung bzw. Reduzierung von Überhang- und Ausgleichsmandaten sowie zur Vereinfachung der Sitzberechnung beitragen“. Aus Sicht des BdSt Hessen eindeutig ein Fortschritt!

Grunderwerbsteuer
Die SPD wollte vor der Wahl den Erstkauf einer selbstgenutzten Immobilie steuerfrei stellen, sobald dies durch eine Gesetzesänderung auf Bundesebene möglich ist. Die CDU erklärte, den Erwerb der ersten selbstgenutzen Immobilie bis zu einer möglichen Änderung im Bund mit 10.000 Euro pro Person zuzüglich 5.000 Euro pro Kind fördern zu wollen. Dieses CDU-Versprechen wurde nun unter dem Namen „Hessengeld“ in den Vertrag aufgenommen.

Straßenausbaubeiträge
Die SPD forderte in den vergangenen Jahren immer wieder die Abschaffung der kommunalen Straßenausbaubeiträge und eine Kompensation der Einnahmeausfälle durch das Land. Die CDU lehnte dies ab. Im Koalitionsvertrag findet sich die eher unverbindliche Ankündigung, die finanzielle Situation der Kommunen im Rahmen einer Reform des Kommunalen Finanzausgleichs u.a. auch mit dem Ziel der „Entlastung von Straßenausbaubeiträgen“ zu verbessern.

Hessentag und Landesgartenschau
Trotz der Kostenexplosionen beim Hessentag und hoher Defizite der Ausrichterkommunen sahen die jetzigen Koalitionspartner vor der Wahl keinen Reformbedarf beim längsten und teuersten Landesfest Deutschlands. Der Hessentag wird auch im Koalitionsvertrag nicht erwähnt. Dafür will die Landesregierung nach bayerischem Vorbild prüfen, ob die Landesgartenschauen in einer engeren zeitlichen Taktung durchgeführt werden können. Dadurch könnten noch höhere Event-Kosten auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zukommen.

Grundsteuer
Die bisherige schwarz-grüne Landesregierung versprach, dass bei der Grundsteuerreform die Hebesätze berechnet und veröffentlicht werden, mit denen die Kommunen dieselben Einnahmen wie vor der Reform erzielen würden. Wie angekündigt, setzen CDU und SPD diesen Weg fort und betonen: „Das Land wird die Gemeinden bei der Findung der aufkommensneutralen Hebesätze unterstützen“. Es ist also Aufgabe aller Betroffenen, darauf zu achten, ob die Kommunen sich an diese Sätze halten oder ob die Reform vor Ort doch zu einer versteckten Steuererhöhung genutzt wird.

Kassel Airport
Trotz niedriger Passagierzahlen und hoher Defizite bekannten sich CDU und SPD vor der Wahl klar zum Kassel Airport und betonten dessen volkswirtschaftliche Bedeutung. Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, den Flughafen weiterhin stärken zu wollen, unter anderem durch eine verbesserte verkehrliche Erschließung. Für den Airport und das entstehende Gewerbege-
biet soll ein Bahnanschluss mit Verbindung zum ICE-Bahnhof Kassel geprüft werden. Das Millionengrab in Calden droht also noch mehr Kosten zu verschlingen.

BdSt Hessen als kritischer Begleiter
Der BdSt Hessen wird die Arbeit der neuen Landesregierung natürlich konstruktiv und kritisch begleiten und sich im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu Wort melden, wo dies nötig ist.

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