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Auf Sand gebaut

Man muss nicht zum BER oder zur Elbphilharmonie blicken, um massive Baukostenüberschreitungen zu finden. Auch im wachsenden Rhein-Main-Gebiet investiert der Staat in die Infrastruktur ‒ und macht Fehler. Ein Lagebericht aus Darmstadt, Frankfurt und Offenbach.

Umstrittener „Bölle“-Umbau noch teurer
Wenn es um Bauvorhaben in Hessen geht, deren Kosten aus dem Ruder laufen, führt derzeit kein Weg an Darmstadt vorbei. Im Herbst 2018 musste der Magistrat einräumen, dass der Umbau des Fußballstadions am Böllenfalltor sehr viel teurer wird als zunächst berechnet. Das ohnehin umstrittene Vorhaben hat sich innerhalb kürzester Zeit um mehr als 40 Prozent auf rund 40,5 Millionen Euro verteuert. Noch Ende März 2018 war der beauftragte Generalplaner von 28,2 Millionen Euro ausgegangen. Die Mehrkosten teilen sich Stadt und Verein. Zwar gab es seitens der Stadt einen Zusatz-Puffer in Millionenhöhe, doch weil dieser nicht ausreichte, musste man noch einmal nachlegen. Die Kostenermittlung wurde wegen der öffentlichen Förderung des Projekts sogar vom Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen geprüft. Dieser kam zu dem Ergebnis, „dass die Gesamtbaukosten aus baufachlicher Sicht angemessen sind und hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Vorhabens keine Bedenken bestehen“. Doch nicht einmal fünf Monate später stellten sich die Berechnungen als unrealistisch heraus. Beim Vergabeverfahrens zum ersten Bauabschnitt hatten sich zunächst zwar acht Unternehmen gemeldet, letztlich gab aber nur eine Firma ein konkretes Angebot ab.

Darmstädter Politik winkt Millionen durch
Auch bei weiteren Darmstädter Großbaustellen stiegen die Kosten erheblich. Allein bei ihrer Sitzung im April billigten die Stadtverordneten Mehrkostenvorlagen in Höhe von mehr als 21 Millionen Euro. Betroffen waren neben Bau- und Umbaukosten für Kitas sowie eine Grundschule insbesondere die Sanierungen der Ausstellungshallen auf der Mathildenhöhe und des Berufsschulzentrums Nord. Bei letzterem ergab eine Neubewertung der Vergabe- und Ausführungsrisiken einen Anstieg der Gesamtkosten innerhalb von nur sieben Monaten von 105 Millionen auf über 118 Millionen Euro. Gegen die steigendenden Sanierungskosten für die Ausstellungshallen votierte sogar die Fraktion „Uffbasse“, die eigentlich Kooperationspartner der grün-schwarzen Koalition ist. Sie begründete dies mit der „Salamitaktik“, der sie nicht länger zustimmen könne. So habe der Kostenrahmen im Jahr 2007 noch bei rund 7 Millionen Euro gelegen, doch inzwischen betrügen die Gesamtkosten schon über 24 Millionen Euro, wobei man noch mit weiteren „Scheibchen“ rechnen könne.

Die Quadratur des Kaiserleikreisels
Doch leider sind diese erheblichen Kostensteigerungen kein rein Darmstädter Phänomen. Als die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung im Jahr 2012 dem Umbau des Kaiserleikreisels zustimmte, ging man von Gesamtkosten in Höhe von 26,56 Millionen Euro aus. 2015 wurden die Summe nach Präzisierung der Ausführungsplanungen mit 37,28 Millionen Euro beziffert. Nach der Ausschreibung des Projekts erhöhte sich der Gesamtrahmen schließlich auf 41 Millionen Euro. Als wesentliche Gründe nannte die Stadt besondere technische Aufwendungen und Auflagen diverser Behörden. 

Kein Licht am Ende des Riederwaldtunnels
Dass es noch teurer geht, zeigt das wenige Kilometer entfernte Projekt Riederwaldtunnel im Osten Frankfurts. Ging Hessen Mobil im Jahr 2013 noch von 320 Millionen Euro aus, sollen nach neuesten Berechnungen 477 Millionen dafür nötig sein. Doch auch hier droht ein weiterer Schildbürgerstreich. Während das Land auf einen weiteren Ausbau vor der Tunnelausfahrt drängt, hat das Frankfurter Stadtparlament kürzlich beschlossen diesen Abschnitt zu übertunneln. Bleibt zu hoffen, dass es den politisch Verantwortlichen rechtzeitig gelingt, beide Maßnahmen zu koordinieren, um Steuergeld zu sparen. Ansonsten müssten die Steuerzahler erst für den Ausbau und danach für die Einhausung bezahlen. Dabei gäbe es zu allem Übel eine Dauerbaustelle.

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