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Fast ein Viertel der hessischen Kommunen drehte 2020 an der Steuerschraube

Kommunalsteueranalyse des Bundes der Steuerzahler Hessen: 96 Kommunen erhöhten 2020 mindestens eine Steuer / Corona-Lasten nicht durch Steuererhöhungen 2021 bei Bürgern und Betrieben abladen / Grundsteuer B-Schnitt stieg 2020 unaufhörlich weiter / Schon 53 Kommunen verlangen mehr als 600 Prozent bei der Grundsteuer B

Laut einer Analyse des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen haben in diesem Jahr 96 der 422 hessischen Städte und Gemeinden mindestens eine der Grundsteuern oder die Gewerbesteuer erhöht. Das entspricht einem Anteil von fast einem Viertel. Dabei wurden die meisten Haushalte noch vor der Corona-Pandemie verabschiedet, die die Kommunalfinanzen erheblich belasten wird. „Wie unsere Analyse zeigt, bewegen sich die Hebesätze in den hessischen Kommunen ohnehin schon auf hohem Niveau. Deshalb appellieren wir an die Verantwortlichen, die Corona-Lasten im nächsten Jahr nicht durch Steuererhöhungen bei privaten Haushalten und Betrieben abzuladen. Das wäre mitten in der Krise das völlig falsche Signal und würde die ohnehin schon stark angeschlagene Konjunktur weiter strapazieren“, erklärt Joachim Papendick, Vorsitzender des BdSt Hessen. Zunächst müsse die Ausgabenseite in den Blick genommen werden. In der derzeitigen Situation werde deutlich, dass Kommunen mit soliden Finanzen den aktuellen Herausforderungen besser entgegentreten können als solche mit ohnehin schon klammen Kassen. Es lohne sich also, durch Haushaltsdisziplin in guten Zeiten Vorsorge für schlechte zu treffen.

Die Grundsteuer B, die sowohl Mieter als auch Eigentümer trifft, ist auch 2020 erneut die Nummer 1 aller kommunalen Steuerschrauben. Insgesamt 84 Städte und Gemeinden und damit jede fünfte Kommune haben in diesem Jahr eine Anhebung beschlossen. 31 Städte und Gemeinden steigerten die Belastung gleich um 100 Punkte oder mehr. Dadurch kletterte der durchschnittliche Hebesatz von 460 auf 475 Prozent. Die kräftigste zusätzliche Steuerbelastung müssen die Bürger in Ringgau (Werra-Meißner-Kreis) verkraften, wo der Hebesatz um 400 Punkte erhöht wurde. Nur neun Kommunen senkten die Belastung, die größte Entlastung spüren die Bürger in Allendorf/Lumda (-120, Landkreis Gießen). Die Spannweite der Hebesätze reicht von 140 Prozent in Eschborn (Main-Taunus-Kreis) bis 1.050 Prozent in Lautertal im Odenwald (Landkreis Bergstraße). Insgesamt rufen in diesem Jahr 53 Kommunen einen Hebesatz auf, der über 600 Prozent liegt. 2019 waren es noch 41. Die Kommunen im Hochtaunuskreis und im Werra-Meißner-Kreis haben ihre Hebesätze bei der Grundsteuer B mit im Schnitt 45 Punkten am stärksten angehoben, während die durchschnittliche Belastung in Marburg-Biedenkopf unverändert blieb, im Landkreis Gießen um einen Punkt und im Main-Kinzig-Kreis sogar um fünf Punkte gesunken ist. Vergleicht man die durchschnittlichen Hebesätze in den Landkreisen und die Steuersätze der kreisfreien Städte, dann trifft die Bürger in der kreisfreien Stadt Offenbach (995) sowie im Kreis Groß-Gerau (639 Punkte) nach wie vor die höchste Belastung. Die Städte und Gemeinden in Limburg-Weilburg (379) und Waldeck-Frankenberg (388) sind mit ihren Hebesätzen am moderatesten.

Die weniger ertragreiche Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen wurde von 58 Kommunen erhöht. Auch hier gab es die größte Steigerung mit 390 Punkten auf 950 Prozent in Ringgau. Damit liegt die Gemeinde knapp hinter Bad Karlshafen (951) und gemeinsam mit Bad Emstal (950, beide Landkreis Kassel) mit großem Abstand an der Spitze in Hessen. Immerhin fünf Kommunen senkten 2020 ihre Hebesätze, die stärkste Entlastung ist auch hierbei in Allendorf/Lumda mit 120 Punkten zu spüren. Mit Eppertshausen (Darmstadt-Dieburg), Königstein (Hochtaunus), Neu-Isenburg (Landkreis Offenbach) und Schwalbach (Main-Taunus) verzichten weiterhin vier Rhein-Main-Kommunen vollständig auf die Erhebung der Grundsteuer A. Insgesamt erhöhten 20 Kommunen den Hebesatz um 100 und mehr Prozentpunkte. In diesem Jahr liegen 29 Kommunen über der 600-Prozent-Grenze. Der Landesdurchschnitt stieg um zehn Punkte auf 418 Prozent.

Die Gewerbesteuer zählt zu den wichtigsten Steuerarten der Städte und Gemeinden, in einigen ist sie die wesentliche Einnahmequelle. Insgesamt 54 hessische Kommunen beschlossen in diesem Jahr eine Anhebung. Die kräftigste Steigerung gab es in Schwalmtal (Vogelsbergkreis) mit 100 Punkten. Nur Allendorf/Lumda (-20) und Langenselbold (-10, Main-Kinzig-Kreis) senkten ihre Belastung. Landesweiter Spitzenreiter beim Gewerbesteuerhebesatz ist weiterhin Reinhardshagen (Landkreis Kassel) mit 550 Prozent. Nach wie vor am geringsten werden die Gewerbesteuerzahler mit 300 Prozent in Gründau (Main-Kinzig-Kreis) belastet. Der durchschnittliche Hebesatz im Land beträgt 387 Prozent, das sind zwei Punkte mehr als im Vorjahr.

Insgesamt fällt auf: Die kreisfreien Städte Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Offenbach und Wiesbaden ließen alle drei Realsteuer-Hebesätze genauso unverändert wie sämtliche Städte und Gemeinden im Landkreis Marburg-Biedenkopf.

BdSt erklärt: Was ist die Grundsteuer?

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