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Frankfurt hat Spendier(bade)hosen an

Sinnvoll oder Luxus? Seit dem 1. Februar erhalten Kinder bis 14 Jahre freien Eintritt in alle Frankfurter Schwimmbäder. Das ist nur eine von mehreren Wohltaten der Stadt, die sich der BdSt Hessen einmal genauer angeschaut hat. Schließlich kann sich die Mainmetropole eine solche Vielzahl von Gratis-Angeboten eigentlich nicht leisten.

Skepsis aufgrund Frankfurts Ausgabeproblem angebracht
Frankfurt ist nicht nur die größte Stadt Hessens, sondern hat auch die höchsten Steuereinnahmen. Doch die Stadtverordneten gehen mit dem vielen Geld nicht gerade sparsam um: Die Stadt macht hohe Defizite, hat also ein massives Ausgabeproblem. Davon zeugen auch zahlreiche Schwarzbuch-Fälle der letzten Jahre, wie beispielsweise ein kaum genutztes Stadthaus, die fragwürdigen „Grünen Zimmer” oder der inzwischen wieder abgeschaffte Hauptstadtbeauftragte. Auch für die Zukunft macht man teure Pläne und diskutiert über einen millionenschweren Neubau der Städtischen Bühnen. Bei Frankfurter Ausgabenprogrammen ist also durchaus Skepsis angebracht. Anfang des Jahres startete die Stadt eine Gratis-Offensive für Kinder, die auf den ersten Blick sympathisch wirkt, aber natürlich eine finanzielle Kehrseite hat.

„Frankfurt-Pass” für Geringverdiener hat Tradition
Vergünstigungen für Menschen mit schmalem Geldbeutel sind in der Mainmetropole nichts Neues. Bereits 1991 wurde der „Frankfurt-Pass” eingeführt, den Bürger mit geringem Einkommen und Erstwohnsitz in Frankfurt erhalten. Er beinhaltet Ermäßigungen für Zeitkarten in der RMV-Tarifzone 50 sowie hohe Rabatte für den Eintritt in konventionelle Frei- und Hallenbäder, den Zoo, den Palmengarten sowie Ausstellungen in städtischen Museen. Auch Erlebnisbäder, die Eissporthalle, das Senckenbergmuseum, kommunale Kinos und Theater der Stadt (Oper, Schauspiel, Ballett) können mit dem Pass günstiger besucht werden. Außerdem ist der Ausweis für die Stadtbücherei komplett kostenfrei. Die Einkommensgrenze für den Erhalt des Passes liegt bei einem 4-Personen-Haushalt bei 1.718 Euro Monats-Nettoeinkommen. Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erhalten, haben in jedem Fall Anspruch auf einen Frankfurt-Pass. Aus Sicht des BdSt Hessen handelt es sich um ein grundsätzlich sinnvolles Angebot, vor allem in einer Stadt mit solch hohen Lebenshaltungskosten wie Frankfurt. Schließlich ermöglicht es der Pass auch Familien mit geringem Einkommen kulturelle Einrichtungen und Sportstätten zu nutzen.

Angebot erweitert, obwohl Geld für Sanierung gebraucht wird
2017 erweiterte Frankfurt das Angebot. Seitdem wird Kindern und Jugendlichen unter 18 freier Eintritt in städtische Museen und dem Institut für Stadtgeschichte gewährt. Ziel ist es, allen Kindern, unabhängig vom Einkommen der Eltern, kulturelle Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. Im Februar dieses Jahres wurde das Angebot auf alle 13 städtischen Schwimmbäder ausgeweitet. Allerdings nur bis zum 14. Lebensjahr. Damit soll nun auch die sportliche Teilhabe gefördert und die Zahl der Nichtschwimmer gesenkt werden. Wie sich Einnahmeausfälle und Besucherzahlen nun entwickeln, will die Stadt eruieren. Es ist davon auszugehen, dass durch steigende Besucherzahlen – vor allem von Kindern – mehr Personal notwendig sein wird. Schwimmbäder sind ohnehin meist Zuschussbetriebe, doch mit Einnahmeausfällen und höheren Personalkosten werden die Defizite wohl noch weiter steigen. Schon bislang verzeichnen die 13 Frankfurter Bäder bei insgesamt 2,2 Millionen Gästen im Jahr 2017 ein durchschnittliches jährliches Gesamt-Minus von über 25 Millionen Euro –Tendenz steigend. Das Problem: Bis 2025 muss Frankfurt rund 194 Millionen Euro in seine Schwimmstätten investieren. Allein der Neubau des Rebstockbads schlägt mit 86 Millionen zu Buche. Das Panoramabad in Bornheim wird abgerissen und für 36 Millionen Euro neu errichtet. Darüber hinaus ist auch ein Schwimmsportzentrum an der Goethe-Universität für 40 Millionen Euro geplant. Und die übrigen Freibäder sollen ebenfalls saniert werden.

Vergünstigungen nicht länger nur für Geringverdiener
Doch weil die bisherigen Gratis-Angebote offenbar noch nicht genug sind, will Frankfurt jetzt noch ein Kultur- und Freizeitticket einführen. Es soll Kindern und Jugendlichen unter 18 nun nicht mehr nur freien Eintritt in städtischen Kulturbetrieben, sondern auch in nicht-städtischen Einrichtungen sowie den Zoo garantieren. Das Ticket steht Kindern zu, deren Eltern über ein monatliches Familieneinkommen von weniger als 4.500 Euro netto verfügen. Denn laut Kulturdezernentin ist es solchen Familien nicht möglich, einen Besuch im Museum oder dem Zoo zu finanzieren. Für das Programm werden zunächst Mittel in Höhe von einer Million Euro jährlich bereitgestellt.

Gratis-Offensive teuer und wenig zielführend
Kann sich Frankfurt all diese Wohltaten leisten? Angesichts jährlicher, dreistelliger Millionendefizite wohl kaum. An der prekären Finanzsituation übte neben dem BdSt Hessen auch der Landesrechnungshof Kritik. Es stimmt natürlich, dass die Einkommensschere in Frankfurt weit auseinander geht. Aber sind 4.500 Euro Nettoeinkommen wirklich so wenig, dass diese Familien finanzielle Unterstützung benötigen? Ist ein Euro Schwimmbad-Eintritt wirklich zu viel? Fragwürdig ist auch die Sinnhaftigkeit der Angebote: Denn inwiefern lernen Kinder Schwimmen, nur weil der Eintritt kostenlos ist, die Schwimmkurse aber überbucht? Kritik kommt deshalb auch vom Hessischen Schwimmverband, laut dem Schwimmkurs-Gutscheine besser gewesen wären. Frankfurts Nachbarkommunen befürchten einen Besucherrückgang in den eigenen Bädern und damit auch Einnahmeeinbußen. Es sieht so aus, als sei die Frankfurter Gratis-Offensive wenig durchdacht und müsste noch einmal überarbeitet werden.

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