Bitte geben Sie den Suchbegriff in die Suchbox ein und drücken Sie anschließend ENTER

Koalitionsvertrag: Viele Fragen offen

Sinn eines zweiten Sozialministeriums unklar / Lob für Bekenntnis zur Schuldenbremse und zu kommunalen Kooperationen / Hoffnung auf neuen Anlauf zur Wahlrechtsreform / Fragen zur Straßenausbaubeiträgen und wirtschaftlicher Betätigung

Die Hessische Staatskanzlei in Wiesbaden

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) Hessen sieht beim Koalitionsvertrag von CDU und SPD noch viele offene Fragen. Was genau auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zukommt, sei noch nicht absehbar. Der hessische Steuerzahlerbund werde der neuen Landesregierung daher bei der konkreten Umsetzung genau auf die Finger schauen. Das gelte neben den zahlreichen Prüfaufträgen auch für eine ganz konkrete Entscheidung: „Welche inhaltlichen Gründe sprechen aus Sicht der künftigen Koalition für eine Aufteilung des Sozialministeriums und mit welchen Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist das verbunden?“, wundert sich Joachim Papendick, Vorsitzender des BdSt Hessen. Der Parteienproporz dürfe jedenfalls keine Begründung für diesen ungewöhnlichen Ressortzuschnitt sein. Zwar sei es positiv zu beurteilen, dass der Chef der Staatskanzlei erstmals seit fast 25 Jahren wieder im Rang eines Staatssekretärs arbeiten soll und die Zahl der Ministerinnen und Minister damit im Vergleich zum bisherigen Kabinett gleich bleibe. Das könne jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem zweiten Sozialministerium ein zusätzliches Haus geschaffen werde. Es stehe zu befürchten, dass damit Doppelstrukturen sowie zusätzliche Personal- und Immobilienkosten verbunden sind.

Positiv bewertet der hessische Steuerzahlerbund das klare Bekenntnis zur Schuldenbremse und zu einer ergebnisoffenen Überprüfung der gesamten Aufgaben-, Ausgaben und Einnahmenstruktur. Die erneut angestrebte Reform des Länderfinanzausgleichs werde aber wohl kaum zu einer kurzfristigen und spürbaren Entlastung des hessischen Landeshaushalts beitragen. Äußerst fragwürdig, jedoch wenig überraschend, sei die weitere Unterstützung für den hochdefizitären Kassel Airport. „Dass nun ein Bahnanschluss mit Verbindung zum ICE-Bahnhof Kassel geprüft werden soll, deutet darauf hin, dass man weiterhin auf eine Wunderheilung für Kassel-Calden hofft und bereit ist, weitere Millionen in diesem Fass ohne Boden zu versenken“, so Papendick.

Im Kommunalbereich begrüßt der Verein u.a., dass Interkommunale Kooperationen und freiwillige Gemeindefusionen weiterhin gefördert werden sollen, weil so die Arbeit der Verwaltungen effizienter und zukunftssicher aufgestellt werden könne. Unklar ist aus Sicht des hessischen Steuerzahlerbunds die Formulierung zu den Straßenausbaubeiträgen. Zwar sei im Zusammenhang mit dem Kommunalen Finanzausgleich die Rede davon, dass man die finanzielle Situation der Kommunen u.a. mit dem Ziel der „Entlastung von Straßenausbaubeiträgen“ verbessern wolle. Es bleibe aber undurchsichtig, ob dies schon ein eindeutiges Bekenntnis zur Abschaffung der Beiträge sei. Auch stelle sich die Frage, was sich genau hinter der beabsichtigten Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen in ausgewählten Bereichen verberge. Wenn kommunale Unternehmen Privaten stärker als bisher Konkurrenz machen sollten, dann könne das einerseits zu schädlichen Wettbewerbsverzerrungen, andererseits zu erheblichen Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern führen.

Nachdem CDU und SPD bisher keinen Änderungsbedarf am Landtagswahlrecht sahen, verspricht der Koalitionsvertrag jetzt eine Prüfung, wie Überhang- und Ausgleichsmandate vermieden oder zumindest reduziert werden können. Der BdSt Hessen betrachtet dies als ein positives Signal, dass die künftigen Koalitionäre endlich versuchen wollen, den XXL-Landtag wieder auf das Normalmaß von 110 Sitzen zu verkleinern. Allerdings seien alle denkbaren Modelle und Argumente aus den Gesetzentwürfen und Diskussionen im Hessischen Landtag und im Bundestag bekannt. „Letztlich kommt es darauf an, ob die Beteiligten die Kraft zu einer Reform aufbringen, die möglichst breit und überparteilich getragen wird“, so Papendick. Eine Reform in eigener Sache, auch wenn sie alle Parteien Mandate koste, könne erheblich zur Stärkung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Politik beitragen.

Weitere Meldungen