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Mehr als ein Viertel der Hessen muss 2024 deutlich gestiegene Grundsteuer verkraften

Kommunalfinanzanalyse des Bundes der Steuerzahler Hessen: 119 von 421 hessischen Städten und Gemeinden erhöhten 2024 die Grundsteuer B / Durchschnitt stieg 2024 so stark wie seit 2015 nicht mehr / Schon 124 Kommunen verlangen mehr als 600 Prozent / Auch doppelt so viele Gewerbesteuer-Erhöhungen wie 2023

Laut der Kommunalfinanzanalyse des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen haben in diesem Jahr 119 von 421 hessischen Städte und Gemeinden die Grundsteuer B erhöht, also mehr als jede vierte Kommune. Gegenüber 2023 hat sich die Zahl der Hebesatzsteigerungen mehr als verdoppelt. Und da die Erhöhungen vielerorts kräftig ausfielen – allein zwölf Kommunen erhöhten ihre Hebesätze um 300 Punkte oder mehr – stieg der hessenweite Durchschnitt bei der Grundsteuer so stark wie seit 2015 nicht mehr, nämlich um 34 Punkte auf nun 543 Prozent.

Dabei gab es durchaus regionale Unterschiede: Während die Kommunen im Landkreis Darmstadt-Dieburg und im Odenwaldkreis am heftigsten zuschlugen, fielen die Erhöhungen im Kreis Hersfeld-Rotenburg und dem Wetteraukreis deutlich geringer aus. Auch die Gewerbesteuer wurde 2024 doppelt so oft wie im Vorjahr erhöht. Waren die hessischen Kommunen hinsichtlich einer zusätzlichen Belastung für die Gewerbetreibenden in der Vergangenheit eher zurückhaltend, so haben in diesem Jahr insgesamt 83 Städte und Gemeinden ihre Hebesätze angehoben, im Vorjahr waren es nur 38.

„Die diesjährige Steuererhöhungswelle ist mehr als besorgniserregend.“

„Die diesjährige Steuererhöhungswelle ist mehr als besorgniserregend.Sie dürfte weniger auf die bevorstehende Grundsteuerreform zurückgehen, die zum Jahreswechsel 2024/2025 greift. Vielmehr zeugt sie von einer äußerst angespannten Finanzlage der hessischen Kommunen. Denn neben den massiven Steuererhöhungen müssen wir feststellen, dass immer mehr Städte und Gemeinden für 2024 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Das geplante Defizit kann zwar in den meisten Fällen noch durch Rücklagen ausgeglichen werden, aber diese dürften irgendwann aufgebraucht sein“, so Jochen Kilp, Vorstand des hessischen Steuerzahlerbunds. „Natürlich sehen auch wir, dass die Kommunen unter Druck stehen: Steigende Löhne, die wachsende Zahl an Flüchtlingen, ein insgesamt höheres Preisniveau und nicht zuletzt gestiegene Zinsen sorgen für erhebliche Belastungen, die sich in Haushaltsdefiziten niederschlagen. Allerdings sollten die Städte und Gemeinden nicht einseitig an der Steuerschraube drehen und so die Lasten bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie Gewerbetriebenden abladen. Mindestens genauso wichtig ist es, die Ausgabeseite in den Blick zu nehmen“, so Kilp.

Die Grundsteuer B, die sowohl Mieterinnen und Mieter als auch Eigentümerinnen und Eigentümer trifft, ist 2024 erneut die Nummer 1 der kommunalen Steuerschrauben. Insgesamt 119 Städte und Gemeinden haben in diesem Jahr eine Anhebung beschlossen. 63 Kommunen steigerten die Belastung gleich um 100 Punkte oder mehr, zwölf Städte und Gemeinden gar um mindestens 300 Punkte. Dadurch kletterte der durchschnittliche Hebesatz in Hessen von 509 auf 543 Prozent (+34). Solch eine deutliche Steigerung hatte es seit dem Jahr 2015 nicht mehr gegeben. Die kräftigste zusätzliche Steuerbelastung müssen die Bürgerinnen und Bürger in Biebesheim (Landkreis Groß-Gerau) verkraften, wo der Hebesatz um 380 Punkte erhöht wurde. Nur sechs Kommunen senkten die Belastung, am spürbarsten in Grebenhain (-100, Vogelsbergkreis). Die Spannweite der Hebesätze reicht von 140 Prozent in Eschborn (Main-Taunus-Kreis) bis jeweils 1.050 Prozent in Lorch (Rheingau-Taunus-Kreis) und Brombachtal (Odenwaldkreis). Die Kommunen im Landkreis Darmstadt-Dieburg (+143) und im Odenwaldkreis (+124) haben ihre Hebesätze bei der Grundsteuer B am stärksten angehoben, während die durchschnittliche Belastung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg nur um zwei Punkte gestiegen ist. Mit Darmstadt hat 2024 auch eine kreisfreie Stadt den Hebesatz erhöht, nämlich um satte 340 Punkte auf nun 875 Prozent. Vergleicht man die durchschnittlichen Hebesätze in den Landkreisen mit denen der kreisfreien Städte, dann liegen Offenbach (895) und Darmstadt noch vor dem Landkreis Groß-Gerau, der mit durchschnittlichen 748 Prozent die höchste Belastung aller Kreise aufruft. In den Städten und Gemeinden der Kreise Fulda (413) und Limburg-Weilburg (415) ist die Höhe der Hebesätze am moderatesten.

Grundsteuer B: Hebesatz-Durchschnitte der Landkreise 2024 und 2020

Wie sich die Belastung durch die Grundsteuer B in den einzelnen Städten und Gemeinden im Zuge der Grundsteuerreform ab 2025 entwickelt, ist derzeit noch nicht absehbar. Die Hebesätze für 2025 werden von den Kommunen erst im Laufe des Jahres 2024 auf Basis der neuen Grundsteuermessbeträge beschlossen. Das erklärte Ziel ist eine aufkommensneutrale Umsetzung. Das Land Hessen hat dazu inzwischen den Hebesatz berechnet und unter www.grundsteuer.hessen.de veröffentlicht, mit dem die Stadt oder Gemeinde ein genauso hohes Grundsteueraufkommen hat wie 2024. „Die beschlossenen Erhöhungen im laufenden Jahr stellen also eine höhere ,Absprungbasis‘ für die Umstellung dar, die sich für die nächsten Jahre auswirkt. Trotzdem sollten die Bürgerinnen und Bürger genau verfolgen, ob die Kommunen zumindest die aufkommensneutralen Hebesätze anwenden, denn sie sind an diese nicht gebunden”, erklärt Kilp.

Die weniger ertragreiche Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen wurde von 79 Kommunen erhöht. Hier gab es die größte Steigerung mit 375 Punkten auf 795 Prozent in Kirtorf (Vogelsbergkreis). Insgesamt steigerten 37 Kommunen den Hebesatz um 100 und mehr Prozentpunkte. Immerhin fünf Kommunen senkten 2024 ihre Hebesätze, die stärkste Entlastung ist hierbei mit 100 Punkten in Grebenhain zu spüren. Der Landesdurchschnitt stieg um 19 Punkte auf 460 Prozent. Bad Karlshafen (951, Landkreis Kassel) liegt weiter an der Spitze in Hessen. Mit Eppertshausen (Landkreis Darmstadt-Dieburg), Königstein (Hochtaunuskreis), Neu-Isenburg (Landkreis Offenbach) und Schwalbach (Main-Taunus-Kreis) verzichten weiterhin vier Kommunen aus dem Rhein-Main-Gebiet vollständig auf die Erhebung der Grundsteuer A.

Die Gewerbesteuer zählt zu den wichtigsten Steuerarten der Städte und Gemeinden, in einigen ist sie die wesentliche Einnahmequelle. Insgesamt 83 hessische Kommunen haben in diesem Jahr eine Anhebung beschlossen. Die kräftigste Steigerung gab es mit 70 Punkten in Twistetal (Landkreis Waldeck-Frankenberg). Nur Diemelsee (-70, Landkreis Waldeck-Frankenberg), Gelnhausen (-50, Main-Kinzig-Kreis) und Battenberg (-23, Landkreis Waldeck-Frankenberg) senkten ihre Belastung. Mit 535 Prozent ist Ahnatal weiterhin landesweiter Spitzenreiter beim Gewerbesteuerhebesatz. Am geringsten werden die Gewerbesteuerpflichtigen mit 305 Prozent in Beselich (Landkreis Limburg-Weilburg) belastet. Der durchschnittliche Hebesatz im Land beträgt 396 Prozent, das sind vier Punkte mehr als im Vorjahr.

 

Video: So stark steigt die Steuer-Belastung in den hessischen Kommunen

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