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Grundsteuerreform wird noch teurer für Hessen

Bund der Steuerzahler Hessen fragte neue Hebesätze ab / Zwei von drei Kommunen beschlossen Hebesatz über der aufkommensneutralen Empfehlung / 55 Kommunen legen im ersten Halbjahr nach / Höchster Wert in Heusenstamm mit 1.327 Prozent / Deutliche Erhöhungen auch bei der Gewerbesteuer

Foto: GG-Berlin auf Pixelio

Die Ergebnisse der jährlichen Umfrage des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen unter allen 421 hessischen Städten und Gemeinden zeigen, dass die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Gewerbetreibenden weiter steigen. Hatten schon bei der Umstellung der Grundsteuer B zum 01.01.2025 über 60% der Kommunen einen Hebesatz beschlossen, der höher liegt als die aufkommensneutrale Empfehlung des Landes, so haben im ersten Halbjahr 55 Städte und Gemeinden nochmal nachgelegt. Damit erheben jetzt zwei von drei Kommunen einen Hebesatz, der mindestens fünf Prozentpunkte über der Empfehlung liegt. Hintergrund ist, dass die Städte und Gemeinden bis zum 30.6. ihre Hebesätze beschließen können, die dann rückwirkend zum 01.01. eines Jahres gelten. Davon haben etliche Kommunen im Zuge ihrer Haushaltsberatungen auch Gebrauch gemacht, in den meisten Fällen wohl zur Haushaltskonsolidierung. Neben der Grundsteuer ist davon auch die Gewerbesteuer betroffen, hier haben 73 Städte und Gemeinden ihre Hebesätze im Vergleich zum Vorjahr erhöht.

Mit den vorab publizierten, aufkommensneutralen Empfehlungen des Landes sollten die Kommunen genauso viel Grundsteuer einnehmen wie 2024. „Zum Teil sind die Steigerungen erheblich, so haben 34 Städte und Gemeinden die Empfehlung des Landes bei der Grundsteuer B um 200 Punkte oder mehr überschritten“, so Jochen Kilp, Vorstand beim hessischen Steuerzahlerbund. Im Durchschnitt lag die Empfehlung des Landes bei rund 434 Prozent, während der hessenweite Durchschnitt der zum 30.6.2025 gültigen Hebesätze nun bei rund 499 Prozent liegt – also 65 Punkte über der durchschnittlichen Empfehlung.

Die heftigsten Erhöhungen treffen die Bürgerinnen und Bürger in Reichelsheim (Odenwald) (447 Punkte über der Empfehlung), Erzhausen (+441) und Fränkisch-Crumbach (+397). Davon betroffen sind übrigens nicht nur Eigentümerinnen und Eigentümer von Einfamilienhäusern, Eigentumswohnungen oder Grundstücken: Über die Umlage in den Nebenkosten trifft die Grundsteuer B auch die Mieterinnen und Mieter. Es gibt aber auch Kommunen, in denen Bürgerinnen und Bürger in Summe entlastet werden: Immerhin acht Städte und Gemeinden haben einen Hebesatz mindestens fünf Prozentpunkte unter der Empfehlung beschlossen. Die deutlichste Entlastung gibt es dabei in Bad Homburg (122 Punkte unter der Empfehlung), Lautertal (Vb) (-32) und Neuberg ( -30).

Die neuen Hebesätze haben hessenweit eine große Bandbreite: Die höchsten Werte rufen Heusenstamm (1.327 Prozent), Königstein und Griesheim (je 1.290) auf. Die niedrigsten Hebesätze finden sich in Wabern (160), Rasdorf und Beselich (je 167).

Grundsätzlich liegen die Hebesätze im Ballungsraum Rhein-Main sowie in größeren Kommunen deutlich höher als im ländlichen Raum und in kleineren Gemeinden. Das rührt daher, dass die Grundsteuermessbeträge bei der Neubewertung im urbanen Bereich in Summe eher gesunken sind, die Hebesätze also erhöht werden müssen, um mindestens das gleiche Aufkommen zu erzielen. Im ländlichen Raum ist es eher umgekehrt: Die Grundsteuermessbeträge sind unter dem Strich gestiegen, folglich können die Hebesätze gesenkt werden. Dies zeigt sich auch in den durchschnittlichen Hebesätzen der Kreise und kreisfreien Städte: Diese liegen im Landkreis Offenbach mit durchschnittlich 898 Prozent am höchsten, gefolgt von den kreisfreien Städten (889) und dem Hochtaunuskreis (851). Die niedrigsten durchschnittlichen Hebesätze sind in den nordhessischen Kreisen Schwalm-Eder (307) und Waldeck-Frankenberg (315) sowie dem osthessischen Kreis Fulda (309) zu finden.

Bei der Festsetzung ihrer Hebesätze sind die Städte und Gemeinden grundsätzlich sehr frei. Bislang gab es seitens des Gesetzgebers oder der Gerichte keinerlei Obergrenzen. Auch die aufkommensneutrale Umstellung der Grundsteuer können die Bürgerinnen und Bürger juristisch nicht einfordern. „Nachdem die Bundes- und Landespolitik versprochen hat, dass die Reform die Grundsteuer insgesamt nicht teurer machen soll, ist das Bild 2025 aber ein anderes. Die Bürgerinnen und Bürger haben sich darauf verlassen und wurden nun häufig enttäuscht. Bund und Länder haben Versprechen zu Lasten der Kommunen abgegeben, die diese nun nicht einhalten oder einhalten können“, so Kilp.

Die Städte und Gemeinden haben im Zuge der Erhebung einige Gründe angegeben, warum sie sich nicht an die Empfehlung des Landes gehalten haben. So meldeten rund 70 Städte und Gemeinden zurück, dass die Berechnung des Landes nach ihren Daten falsch und nicht aufkommensneutral sei. Zudem befürchteten manche Kommunen finanzielle Einbußen, weil das Land einen Hebesatz unterhalb des sogenannten Nivellierungshebesatzes empfiehlt. Dieser wird zur Berechnung der finanziellen Leistungsfähigkeit sowie der Kreis- und Schulumlage herangezogen.

Nicht zuletzt gaben viele Kommunen an, die Grundsteuer wegen der aktuellen Finanzlage erhöhen zu müssen. Schließlich müssten sie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, wofür eine Erhöhung notwendig sei. Eine solche Steigerung wäre demnach auch ohne Grundsteuerreform erfolgt und vorgesehen gewesen. 2024 hatten bereits 119 Städte und Gemeinden den Hebesatz für die Grundsteuer B angehoben. „Natürlich sehen auch wir, dass die Kommunen unter Druck stehen, was sich in Haushaltsdefiziten niederschlägt. Allerdings sollten die Städte und Gemeinden nicht einseitig an der Steuerschraube drehen und so die Lasten bei den Bürgerinnen und Bürgern abladen. Mindestens genauso wichtig ist es, die Ausgabeseite in den Blick zu nehmen: Die politisch Verantwortlichen müssen wieder lernen, ,Nein‘ zu sagen. Nicht alles Wünschenswerte ist notwendig und finanziell zu stemmen”, so Kilp.

Auch vor der Grundsteuer A machte die Erhöhungswelle nicht halt. Die Grundsteuer A wird auf land- und forstwirtschaftliche Flächen erhoben und spielt von ihrem Aufkommen keine so große Rolle wie die Grundsteuer B. Trotzdem kann die Grundsteuer A für die Land- und Forstwirte eine erhebliche Belastung sein. Die deutlichste Erhöhung gegenüber der aufkommensneutralen Empfehlung gibt es 2025 in Seeheim-Jugenheim (+754), Maintal (+510) und Wetter (+482). Insgesamt haben 216 Städte und Gemeinden einen Hebesatz beschlossen, der mindestens fünf Prozentpunkte über der Empfehlung liegt. 26 Kommunen haben hingegen eine Reduzierung beschlossen, die spürbarsten Entlastungen gab es in Söhrewald (-847), Flörsheim (-275) und Ehringshausen (-145). Nach der Reform der Grundsteuer A zeigt sich auch hier eine große Bandbreite in Hessen: Auf der einen Seite müssen die Land- und Forstwirte in Griesheim (1.260), Seeheim-Jugenheim (1.154) und Rüdesheim (1.104) die höchsten Hebesätze schultern. Auf der anderen Seite haben nun sechs Städte und Gemeinden die Hebesätze „auf Null gesetzt“, verzichten also auf die Erhebung der Grundsteuer A. Dies hatten bisher schon Eppertshausen, Königstein, Schwalbach und Neu-Isenburg so praktiziert, 2025 sind nun Ehringshausen und Wettenberg hinzugekommen. Im Durchschnitt liegt der Hebesatz in Hessen nun bei 410 Prozent und damit 49 Prozentpunkte über der aufkommensneutralen Empfehlung.

 

Während die Grundsteuer von den Kommunen traditionell zur Erhöhung der Einnahmen und damit zur Haushaltskonsolidierung herhalten muss, waren die Städte und Gemeinden bei der Gewerbesteuer in der Vergangenheit eher vorsichtig. Dies hat sich 2024 geändert und auch 2025 schlagen die Kommunen wieder vermehrt bei der Gewerbesteuer zu. So haben 73 Städte und Gemeinden ihre Hebesätze gegenüber dem Vorjahr erhöht. Am stärksten schlagen die Erhöhungen in Ronshausen (+130), Brechen (+103) und Kaufungen (+100) zu Buche. Immerhin vier Kommunen haben die Belastungen für die Gewerbetreibenden reduziert und ihre Hebesätze gesenkt: Burgwald (-25), Wehretal (-20), Aarbergen (-10) und Bad Homburg (-5). Die stärkste Belastung müssen die Gewerbetreibenden damit nun in Kaufungen mit 550 Prozent tragen, gefolgt von Ahnatal (535) und Espenau (520). Die niedrigste Belastung gilt weiterhin in Beselich (305), Eschborn und Biebergemünd (je 330). Der durchschnittliche Hebesatz steigt damit in Hessen auf 400 (+4 im Vergleich zum Vorjahr).

 

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