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Über die Hälfte der größeren Städte in Hessen muss auf Rücklagen zurückgreifen

Bund der Steuerzahler Hessen beleuchtet kommunale Finanzpolitik / Jede zwölfte Stadt mit mehr als 20.000 Einwohnern kann Haushalt 2021 nicht ausgleichen / Allerdings weniger Steuererhöhungen als im Vorjahr

Schloss Biebrich in Wiesbaden

Die jährlich vom Bund der Steuerzahler (BdSt) Hessen durchgeführte Kommunalfinanzanalyse der Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern („G59“) zeigt, dass die Kommunen teils heftig mit den finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben. So planen fünf Städte mit einem Defizit für 2021, das im Jahresabschluss nicht durch Rücklagen kompensiert werden kann. Die Mehrzahl der befragten Städte (33 von 59) weist in ihrem Haushaltsplan für 2021 ebenfalls ein Defizit auf, will es aber im Jahresabschluss durch die Entnahme aus Rücklagen ausgleichen. Mit 21 Kommunen plant nur etwa jede dritte größere Stadt ohne Defizit.

Allerdings drehten 2021 deutlich weniger der größeren hessischen Städte an der Steuerschraube als 2020. Nahmen im Vorjahr noch 13 Städte bei der Grund- oder Gewerbesteuer mindestens eine Erhöhung vor, waren es 2021 nur fünf – doch wenn, dann zum Teil erheblich. Außerdem gab es 2021 mit Offenbach nur eine Stadt, die die Steuerbelastung gesenkt hat, im Vorjahr waren es noch drei Kommunen. „In diesem Jahr wird spürbar, wie wichtig es ist, dass die Städte und Gemeinden ihre Haushalte in guten Zeiten konsolidieren und Rücklagen für schlechte Zeiten bilden. Nur so können sie Krisen ohne massive Einschnitte verkraften“, erklärt Jochen Kilp, Kommunalexperte des hessischen Steuerzahlerbunds. „Damit wird vermieden, dass die Lasten der Pandemie durch Steuererhöhungen einseitig bei den Bürgerinnen und Bürgern abgeladen werden, die Konsolidierung der letzten Jahre durch massive Neuverschuldung gefährdet oder die Zukunft des Standorts durch Investitionskürzungen aufs Spiel gesetzt wird“, so Kilp.

Bei der Grundsteuer B haben drei größere Städte ihre Hebesätze gegenüber dem Vorjahr angehoben. Die Steigerungen betreffen mit Langen (+185), Dietzenbach (+100) und Obertshausen (+64 Prozentpunkte) ausschließlich Kommunen im Landkreis Offenbach. Die Menschen in der Stadt Offenbach wurden zwar entlastet (-100), mit 895 Prozentpunkten steht Offenbach aber weiterhin an der unrühmlichen Spitze der größeren hessischen Städte. Am wenigsten müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auch 2021 mit 140 Prozent in Eschborn berappen. Der durchschnittliche Hebesatz der G59 stieg um 4 Punkte auf 522 Prozent. Dieser Wert liegt über dem Durchschnitt aller hessischen Städte und Gemeinden, der 2020 475 Prozent betrug. Die Grundsteuer B wird auf bebaute oder bebaubare Grundstücke erhoben und trifft über die Nebenkosten auch Mieterinnen und Mieter. Mit der überdurchschnittlichen Belastung aus der Grundsteuer B wird somit das ohnehin schon teure Wohnen in den größeren Städten weiter verteuert, besonders in den kreisfreien Städten (durchschnittlich 592 Prozent) oder den Städten mit Sonderstatus (550).

Was ist die Grundsteuer?

Die Stadt Bad Soden steigerte als einzige ihren Hebesatz bei der Grundsteuer A, die land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen besteuert. Die Erhöhung fiel mit 142 Punkten erheblich aus. Reduziert wurde der Hebesatz 2021 nirgendwo. Nidderau bleibt mit 690 Prozent weiter an der Spitze aller hessischen Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern. Keine Grundsteuer A hingegen zahlen die Land- und Forstwirte auch weiterhin in Neu-Isenburg. Mit einer durchschnittlichen Belastung von 390 Prozent (+2) bleiben die größten Kommunen unter dem hessischen Vorjahres-Durchschnitt von 418 Punkten.

Bei der Gewerbesteuer hat mit Herborn ebenfalls nur eine Kommune zugeschlagen, wenn auch nur mit einer moderaten Erhöhung um 7 Punkte auf jetzt 373 Prozent. An der Spitze der G59 liegt weiterhin Frankfurt mit 460 Prozent. Die geringste Belastung müssen die Gewerbetreibenden in Eschborn tragen, wo der Hebesatz 330 Prozent beträgt. Die G59 insgesamt bleiben mit durchschnittlichen 390 Prozent knapp über dem hessischen Schnitt von 2020 (387 Prozent).

Der hessische Steuerzahlerbund setzt sich weiterhin dafür ein, Straßenbeiträge bei voller Kompensation der kommunalen Einnahmeausfälle durch das Land abzuschaffen. Erfreulicherweise kippten 2021 weitere drei der G59 die Erhebung von Straßenbeiträgen (Hattersheim, Korbach und Lampertheim). Damit verzichten nun insgesamt 43 Städte, also mehr als zwei Drittel, komplett auf die Erhebung, sieben Kommunen erheben weiter einmalige und neun wiederkehrende Straßenbeiträge.

Service: Der BdSt-Kommunalkompass – Tipps zum Sparen in der Kommune
Nicht erst seit Corona haben viele Kommunen mit massiven finanziellen Problemen zu kämpfen. Dennoch ist es auch in der heutigen Zeit möglich, die kommunalen Haushalte nachhaltig zu konsolidieren. Wie das geht, zeigt der gerade neu aufgelegte Kommunalkompass des BdSt. Er kann online unter www.steuerzahler.de/kommunalkompass kostenfrei heruntergeladen oder als Printversion bestellt werden.

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