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Grundsteuerreform wird teuer für Hessen

Bund der Steuerzahler Hessen fragte neue Hebesätze ab / 60 Prozent der Kommunen beschlossen Hebesatz über der aufkommensneutralen Empfehlung / Höchster Wert in Heusenstamm mit 1.327 Prozent / Vier Kommunen bislang ohne Hebesatz für 2025 / Im Jahresverlauf weitere Erhöhungen zu erwarten

Foto: Schluesseldienst auf Pixabay

Die Ergebnisse einer Blitzumfrage des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen unter allen 421 hessischen Städten und Gemeinden zeigen, dass die neue Grundsteuer für die Bürgerinnen und Bürger in Summe teurer wird. Der Verein hat die im Zuge der Grundsteuerreform notwendig gewordenen neuen Hebesätze ab 1.1.2025 abgefragt. Diese weichen teilweise eklatant von den vorab publizierten, aufkommensneutralen Empfehlungen des Landes ab, mit denen die Kommunen genauso viel Grundsteuer einnehmen würden wie 2024.

„Nach unseren Ergebnissen haben sich 60 Prozent der hessischen Kommunen nicht an die Empfehlung gehalten, sondern einen Hebesatz beschlossen, der mindestens fünf Prozentpunkte über dem vom Land berechneten aufkommensneutralen Hebesatz liegt. Zum Teil sind die Steigerungen erheblich, so haben 14 Städte und Gemeinden die Empfehlung des Landes um 200 Punkte oder mehr übertroffen“, so Jochen Kilp, Vorstand beim hessischen Steuerzahlerbund. Im Durchschnitt lag die Empfehlung des Landes bei rund 432 Prozent, während der hessenweite Durchschnitt der zum 1.1.2025 gültigen Hebesätze bei nun rund 476 Prozent liegt – also über 40 Punkte über der durchschnittlichen Empfehlung. Mit Offenbach, Bensheim, Brachttal und Jossgrund haben vier Kommunen bislang keinen Hebesatz für 2025 beschlossen und können ohne diesen keine Grundsteuer erheben. Allerdings können sie das bis zum 30.6. nachholen, der Hebesatz gilt dann rückwirkend zum 1.1. Auf die Bürgerinnen und Bürger dieser Kommunen kommt dann eine Nachzahlung zu.
 

Die heftigsten Erhöhungen treffen die Bürgerinnen und Bürger in Löhnberg (396 Punkte über der Empfehlung), Lindenfels (+382) und Königstein (+345). Davon betroffen sind übrigens nicht nur Eigentümerinnen und Eigentümer von Einfamilienhäusern, Eigentumswohnungen oder Grundstücken: Über die Umlage in den Nebenkosten trifft die Grundsteuer B auch die Mieterinnen und Mieter. Es gibt bei der Grundsteuerreform aber auch Gewinnerinnen und Gewinner: Immerhin neun Städte und Gemeinden haben einen Hebesatz mindestens fünf Prozentpunkte unter der Empfehlung beschlossen. Die deutlichste Entlastung gibt es dabei in Bad Homburg (122 Punkte unter der Empfehlung), Rüsselsheim und Neuberg (je -30).

Die neuen Hebesätze haben hessenweit eine große Bandbreite: Die höchsten Werte rufen Heusenstamm (1.327 Prozent), Königstein (1.290) und Oberursel (1.275) auf. Die niedrigsten Hebesätze finden sich in Wabern (160), Rasdorf und Beselich (je 167). Grundsätzlich liegen die Hebesätze im Ballungsraum Rhein-Main sowie in größeren Kommunen deutlich höher als im ländlichen Raum sowie in kleineren Gemeinden. Das rührt daher, dass die Grundsteuermessbeträge bei der Neubewertung im urbanen Bereich in Summe eher gesunken sind, die Hebesätze also erhöht werden müssen, um mindestens das gleiche Aufkommen zu erzielen. Im ländlichen Raum ist es eher umgekehrt: Die Grundsteuermessbeträge sind unter dem Strich gestiegen, folglich können die Hebesätze gesenkt werden.

Bei der Festsetzung ihrer Hebesätze sind die Städte und Gemeinden grundsätzlich sehr frei. Bislang gab es seitens des Gesetzgebers oder der Gerichte keinerlei Obergrenzen. Auch die aufkommensneutrale Umstellung der Grundsteuer können die Bürgerinnen und Bürger juristisch nicht einfordern. „Nachdem die Bundes- und Landespolitik versprochen hat, dass die Reform die Grundsteuer insgesamt nicht teurer machen soll, ist das Bild Anfang 2025 ein anderes. Die Bürgerinnen und Bürger haben sich darauf verlassen und wurden nun häufig enttäuscht. Bund und Länder haben Versprechen zu Lasten der Kommunen abgegeben, die diese nun nicht einhalten oder einhalten können“, so Kilp.

Die Städte und Gemeinden haben im Zuge der Erhebung einige Gründe angegeben, warum sie sich nicht an die Empfehlung des Landes gehalten haben. So meldeten rund 70 Städte und Gemeinden zurück, dass die Berechnung des Landes nach ihren Daten falsch und nicht aufkommensneutral sei. Zudem befürchteten manche Kommunen finanzielle Einbußen, weil das Land einen Hebesatz unterhalb des sogenannten Nivellierungshebesatzes empfiehlt. Dieser wird zur Berechnung der finanziellen Leistungsfähigkeit sowie der Kreis- und Schulumlage herangezogen.

Nicht zuletzt gaben viele Kommunen an, die Grundsteuer wegen der aktuellen Finanzlage erhöhen zu müssen. Schließlich müssten sie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, wofür eine Erhöhung notwendig sei. Eine solche Steigerung wäre demnach auch ohne Grundsteuerreform erfolgt und vorgesehen gewesen. 2024 hatten bereits 119 Städte und Gemeinden den Hebesatz für die Grundsteuer B angehoben. Mit den nun zum 1.1.2025 beschlossenen Hebesätzen ist das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht, da viele Kommunen ihre Haushalte noch gar nicht aufgestellt haben. Vielerorts wird es im Zuge der Haushaltsberatungen noch zu Erhöhungen kommen. „Natürlich sehen auch wir, dass die Kommunen unter Druck stehen, was sich in Haushaltsdefiziten niederschlägt. Allerdings sollten die Städte und Gemeinden nicht einseitig an der Steuerschraube drehen und so die Lasten bei den Bürgerinnen und Bürgern abladen. Mindestens genauso wichtig ist es, die Ausgabeseite in den Blick zu nehmen: Die politisch Verantwortlichen müssen wieder lernen ,Nein‘ zu sagen. Nicht alles Wünschenswerte ist notwendig und finanziell zu stemmen”, so Kilp abschließend.

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