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Hessens Weg zur Normalität?

Landesfinanzen konfrontiert mit Krise, Konsolidierung und Zukunftslasten

Lichtet sich der Krisen-Nebel über Hessen? Wenn es nach der Landesregierung geht, ist die Normalität in Sicht. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. (Foto: D. T. auf Pixabay)

„Auf dem Weg zur Normalität“ – So lautete das optimistische Motto des Hessischen Finanzministers Michael Boddenberg als er Mitte September die Eckdaten des Landeshaushalts 2022 und der Finanzplanung bis 2025 vorstellte. Aber ist der Optimismus auch berechtigt?

Sondervermögen kaschiert Schuldenpolitik
Auf den ersten Blick sehen die Zahlen gar nicht so schlecht aus. In diesem Jahr ist noch eine Nettokreditaufnahme des Landeshaushalts in Höhe von 816 Millionen Euro vorgesehen, im nächsten Jahr sollen es noch 120 Millionen zusätzliche Schulden sein, 2023 dann 150 Millionen und ab 2024 soll wieder die schwarze Null stehen. Die eigentlichen finanziellen Belastungen der Pandemie werden aber über das sogenannte „Sondervermögen“ abgewickelt, das es der Landesregierung erlaubt, im Zeitraum 2020 bis 2023 neben dem Landeshaushalt bis zu zwölf Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufzunehmen. Die Tilgung wird Hessens Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 30 Jahre lang belasten. Auch hier gibt sich Finanzminister Boddenberg optimistisch: Vermutlich werde der Höchstbetrag nicht ausgeschöpft. Gerne verweist die Landesregierung zudem darauf, dass Hessen schon 2021 mit der Tilgung der Schulden des Sondervermögens beginnt. Das kann man aber höchstens als PR-Gag bezeichnen, weil im Sondervermögen bis 2023 Jahr für Jahr deutlich mehr Schulden zusätzlich aufgenommen als zurückgezahlt werden.

Hessen öffnet die Schleusen statt zu sparen
Unter dem Strich rechnet die Landesregierung damit, dass in den Jahren 2020 bis 2023 insgesamt zusätzliche Schulden in Höhe von rund 10,3 Milliarden Euro (davon 1,3 Milliarden im Landeshaushalt und neun Milliarden im Sondervermögen) aufgenommen werden müssen. Natürlich führt eine solche Krise zu Mindereinnahmen und erfordert zusätzliche Anstrengungen im Gesundheitsbereich, zur Stabilisierung der Wirtschaft, zur Unterstützung von Kommunen, Unternehmen, Selbständigen und Institutionen. Es ist aber auch in schwierigen Zeiten notwendig, einzelne Ausgaben kritisch zu hinterfragen und Schwerpunkte zu setzen. Das ist in Hessen derzeit nicht erkennbar. Je weiter die Schleusen jetzt geöffnet werden, desto schwieriger wird später die erforderliche Haushaltskonsolidierung.

Personalausbau belastet Zukunft
Bei der nötigen Stabilisierung der Landesfinanzen wird eine Entwicklung für zusätzliche Herausforderungen sorgen, die schon lange vor der Pandemie begann: Nach einigen Jahren der sparsamen Haushaltsführung hat Hessen 2016 begonnen, seinen Personalbestand massiv auszubauen. Zwischen 2015 und 2020 stieg die Zahl der Beschäftigten des Landes von knapp 159.000 auf über 172.000, also um mehr als 13.000 Personen. Das  bleibt nicht ohne Folgen: In der Bilanz des Landes werden die Verpflichtungen durch künftige Pensionen und Beihilfen inzwischen mit fast 96 Milliarden Euro angegeben, dem steht eine Pensionsrücklage von wenig mehr als vier Milliarden gegenüber. Diese Lücke ist eine erhebliche Belastung für künftige Generationen.

Personalkosten sind entscheidend
Finanz-Staatssekretär Dr. Martin J. Worms betonte auf der Mitgliederversammlung des BdSt Hessen (siehe auch Seite 5), viele zusätzliche Stellen seien in wichtigen Bereichen wie Bildung und innerer Sicherheit geschaffen worden. Wenn man Personal ausbaut, muss man aber auch hinterfragen, ob nicht anderswo Aufgaben wegfallen oder von weniger Beschäftigten erledigt werden können – Stichwort Digitalisierung. Ohne Schwerpunktsetzungen geht das natürlich nicht. Beim hohen Personalkostenanteil des Landeshaushalts ist es unmöglich, ihn ohne Einsparungen dort zu konsolidieren.

Hohe Steuereinnahmen richtig nutzen!
Positiv stimmt immerhin die Entwicklung der Steuereinnahmen des Landes. Die gingen zwar im ersten Pandemie-Jahr 2020 um 1,3 Milliarden Euro zurück, lagen aber immer noch leicht über dem Niveau von 2018. Schon für 2021 erwartet das Land mit 23 Milliarden Euro einen neuen Rekord und in den Folgejahren einen stetigen Zuwachs. Auch wenn die Werte noch unter der sehr optimistischen Prognose der Vor-Corona-Zeit liegen, ist das eine solide Grundlage für die Gesundung der Landesfinanzen – wenn man sie denn ernsthaft angeht.

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