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Mehr Steuererhöhungen im Landkreis Gießen

Bund der Steuerzahler Hessen beleuchtet kommunale Finanzpolitik / Fast alle Haushalte im Kreis mit Defizit / Allendorf kann Minus nicht ausgleichen / Mehr Steuererhöhungen als im Vorjahr / Mehrheit plant aufkommensneutrale Umstellung der Grundsteuer

Foto: Csar-Fotografie auf Pixabay

Die Ergebnisse der jährlichen Kommunalfinanzanalyse des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Hessen im Landkreis Gießen zeigen, dass sich die schwierige finanzielle Situation für die Städte und Gemeinden vermehrt in Steuererhöhungen niederschlägt. So haben 2024 acht Kreiskommunen ihre Hebesätze für die Grundsteuer und/oder Gewerbesteuer angehoben, 2023 waren es nur fünf bei einer Senkung. Für 2024 konnten erneut 16 der 18 Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen – genauso viele wie im Vorjahr. Mit Allendorf (Lumda) kann in diesem Jahr eine Kreiskommune das geplante Haushaltsdefizit im Jahresabschluss nicht durch die Entnahme aus Rücklagen ausgleichen.

„Natürlich sehen auch wir, dass die Kommunen unter Druck stehen: Steigende Löhne, die wachsende Zahl an Flüchtlingen, ein insgesamt höheres Preisniveau und nicht zuletzt gestiegene Zinsen sorgen für erhebliche Belastungen, die sich in Haushaltsdefiziten niederschlagen. Allerdings sollten die Städte und Gemeinden nicht einseitig an der Steuerschraube drehen und so die Lasten bei den Bürgerinnen und Bürgern abladen“, erklärt Jochen Kilp, Vorstand des hessischen Steuerzahlerbunds. Mindestens genauso wichtig sei es, die Ausgabeseite in den Blick zu nehmen:

„Die politisch Verantwortlichen müssen wieder lernen ,Nein‘ zu sagen. Nicht alles Wünschenswerte ist notwendig und finanziell zu stemmen”, so Kilp.

Insofern müssten die Kommunen Prioritäten setzen, ihre freiwilligen Standards und Leistungen hinterfragen. Nicht jede Kommune müsse alle Leistungen und Aufgaben selbst und allein erfüllen. Durch Interkommunale Zusammenarbeit ließen sich Synergien erzeugen, Aufgaben besser und wirtschaftlicher erledigen.

Bei der Grundsteuer B haben sieben Kommunen die Belastung angehoben, die stärkste Erhöhung gab es in Biebertal und Hungen (jeweils +100 Prozentpunkte). Die Grundsteuer B wird auf bebaute oder bebaubare Grundstücke erhoben und trifft über die Nebenkosten auch Mieterinnen und Mieter. Biebertal steht mit jetzt 700 Prozent auch an der unrühmlichen Spitze im Kreis. Am wenigsten müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit unverändert 300 Prozent in Pohlheim berappen. Der durchschnittliche Hebesatz der 18 Kreiskommunen stieg auf 498 Prozent (+24). Dieser Wert liegt knapp unter dem Durchschnitt aller hessischen Städte und Gemeinden, der 2023 509 Prozent betrug.

Wie sich die Belastung durch die Grundsteuer B in den einzelnen Städten und Gemeinden im Zuge der Grundsteuerreform ab 2025 entwickelt, ist derzeit noch nicht absehbar. Die Hebe-sätze für 2025 werden von den Kommunen erst im Laufe des Jahres 2024 auf Basis der neuen Grundsteuermessbeträge beschlossen. Das erklärte Ziel ist eine aufkommensneutrale Umsetzung. Das Land Hessen wird dazu den Hebesatz berechnen und veröffentlichen, mit dem die Stadt oder Gemeinde ein genauso hohes Grundsteueraufkommen hat wie 2024. „Die beschlossenen Erhöhungen im laufenden Jahr stellen also eine höhere ,Absprungbasis‘ für die Umstellung dar, die sich für die nächsten Jahre auswirkt. Trotzdem sollten die Bürgerinnen und Bürger genau verfolgen, ob die Kommunen zumindest die aufkommensneutralen Hebesätze anwenden, denn sie sind an diese nicht gebunden”, erklärt Kilp. Immerhin haben elf der 18 Kommunen angegeben, dass eine aufkommensneutrale Umstellung geplant sei. Die Bürgerinnen und Bürger in den anderen sieben Städten und Gemeinden müssen mit einer steigenden Belastung rechnen.

Fünf Kommunen erhöhten ihren Hebesatz bei der Grundsteuer A, die land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen besteuert. Die deutlichste Steigerung gab es in Hungen (+90). Allendorf (Lumda) bleibt mit 690 Prozent weiter an der Spitze aller Kommunen im Kreis. Den niedrigsten Hebesatz zahlen die Land- und Forstwirte mit 325 Prozent in Pohlheim. Mit einer durchschnittlichen Belastung von 408 Prozent (+13) bleiben die Kommunen des Landkreises Gießen unter dem hessischen Vorjahres-Durchschnitt von 441 Punkten.

Bei der Gewerbesteuer haben 2023 sechs Städte und Gemeinden ihren Hebesatz gesteigert: Die stärksten Erhöhungen gab es in Buseck und Staufenberg (jeweils +40). Die Stadt Hungen eroberte mit einem Hebesatz von nun 450 Prozent den Spitzenplatz im Kreis. Die geringste Belastung müssen die Gewerbetreibenden in Lich tragen, wo der Hebesatz 360 Prozent beträgt. Der Kreis Gießen bleibt mit durchschnittlichen 406 Prozent (+5) weiter über dem hessischen Schnitt von 2023 (392 Prozent).

Der hessische Steuerzahlerbund setzt sich weiterhin dafür ein, Straßenbeiträge bei voller Kompensation der kommunalen Einnahmeausfälle durch das Land abzuschaffen. Bedauerlicherweise verzichtet 2024 keine weitere Kommune auf die Erhebung von Straßenbeiträgen. Damit erheben weiter zwölf Städte und Gemeinden überhaupt keine Beiträge, vier Kommunen verlangen einmalige und zwei wiederkehrende Straßenbeiträge.

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